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AGG Schulung: E-Learning zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz info@agg-mitarbeiterschulung.deLoginLetzte Aktualisierung der Schulung: September 2023

Wegen Schwerbehindertenbenachteiligung bei Bewerbung: 7.500.- € Entschädigung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) durfte sich zur Diskriminierung mit folgendem Fall befassen:

Der Kläger (Studium der Wirtschaftswissenschaften) bewarb sich mit Schreiben vom 14.08.2019 auf die von der Beklagten im Internet ausgeschriebene Stelle als “Scrum Master Energy (m/w/d)”. Im Bewerbungsschreiben wies er auch auf seine Schwerbehinderung hin.


Nachdem die Beklagte dem Kläger mit E-Mail vom 22.08.2019 eine Absage erteilte, machte der Kläger mit Schreiben vom 19.10.2019 gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend.


Die Beklagte sah keine Diskriminierung und machte die fachliche Ungeeignetheit geltend.


Der Kläger bat daraufhin die Beklagte, ihm nachzuweisen, dass sie ihn im Hinblick auf ihre Auswahlkriterien sämtliche Bewerber gleichbehandelt hat. Darauf reagierte die Beklagte nicht.


Der Kläger klagte auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Er war der Ansicht, die Beklagte hat ihn entgegen den gesetzlichen Vorgaben wegen der Schwerbehinderung benachteiligt. Die Beklagte hatte nach Meinung des Klägers verschiedene Pflichten aus § 164 Abs. 1 SGB IX, u.a. die Pflicht aus § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX verletzt, den bei ihr eingerichteten Betriebsrat über seine Bewerbung unmittelbar nach deren Eingang zu unterrichten. Als angemessen wurde eine Entschädigung in Höhe von 10.000,00 Euro gesehen.


Instanzenlauf:
Das Arbeitsgericht (I. Instanz) hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht (II. Instanz) hat auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen.


Urteil des BAG (III. Instanz):
Der Rechtsdarstellung dieser beiden unteren Instanzen war falsch. Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 7.500,00 Euro, gem. § 15 Abs. 2 AGG.
Der Kläger wurde dadurch unmittelbar benachteiligt, dass er von der Beklagten im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren für die ausgeschriebene Stelle nicht berücksichtigt wurde. Denn er hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Darauf, ob es überhaupt andere Bewerber/innen gegeben hat, ob deren Bewerbungen Erfolg hatten und ob ein/e von der Beklagten ausgewählte/r Bewerber/in die Stelle angetreten hat, kommt es nach Darstellung der BAGs nicht an.


Die Benachteiligung ist auch wegen der Schwerbehinderung gegeben.


Für eine unmittelbare Benachteiligung ist nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Der Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG an einen Grund iSv. § 1 AGG bzw. die Schwerbehinderung anknüpft oder durch diese/n motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt.


Hierzu ist zu beachten, dass § 22 AGG für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vorsieht. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
Das BAG stellte dann genau dar, dass die Beklagte die Vermutung, dass der Kläger eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG wegen der Schwerbehinderung erfahren hat, nicht widerlegt hat. Die Beklagte hat auch keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere Gründe als die Schwerbehinderung zu der ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt haben.
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten konnte dem Kläger auch nicht vorgeworfen werden.

Quelle:
BAG, Urteil vom 14.06.2023, Az. 8 AZR 136/22; https://openjur.de/u/2474799.html

Fazit:
Es ist nicht ausreichend, dass von ArbeitgeberInnenseite die Darstellung der Ungeeignetheit kommt, um eine schwerbehinderte Person nicht einzustellen. Vielmehr sind in einem Bewerbungsverfahren die Vorgänge transparent darzustellen, wie die Auslese funktionierte, um Diskriminierungsvorwürfe zu vermeiden und auch später ggf. zu beweisen.

Robert Uhl, Rechtsanwalt

www.raau.de oder

www.rechtsanwalt-uhl.de

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