Prüfpflicht zu schwerbehinderten Personen bei Stellenbesetzung
Fall:
Der Kläger (60 Grad schwerbehindert) bewarb sich bei der beklagten Gemeinde auf deren ausgeschriebene Stelle für eine Mutterschaftsvertretung in den Bereichen Ordnungsamt, Personalwesen, Bauleitplanung und Liegenschaften.
Die Beklagte besetzte die Stelle nicht mit dem Kläger, ohne zuvor zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz überhaupt mit schwerbehinderten Personen besetzt werden kann, wobei auch kein Kontakt zur Agentur für Arbeit diesbezüglich aufgenommen wurde.
Der Kläger verklagte die Gegenseite auf Entschädigung, gem. § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), da er sich durch dieses Vorgehen wegen seiner Behinderung benachteiligt fühlte.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG):
Zwar hatten die beiden Vorinstanzen die Klage abgewiesen, doch diesem folgte des BAG nicht und sprach dem Kläger die Entschädigungsleistung zu.
Als Begründung wurde genannt, dass eine Prüfpflicht bei der Neueinstellung besteht, ob schwerbehinderte Menschen die ausgeschriebene Position ausfüllen können.
Dies geht soweit, dass dies für alle Arbeitgeber gibt, unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Stellenbewerber (m/w) vorgestellt hat oder bei seiner Bewerbung die Schwerbehinderteneigenschaft offenbart hat.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte diese Prüfpflicht nicht beachtet, wobei dies ein Indiz dafür darstellt, dass der Kläger wegen seiner Behinderung benachteiligt wurde, weil die Beklagte ihre Förderungspflichten unbeachtet gelassen hatte.
Diese Vermutung einer solchen Benachteiligung konnte die Beklagte im Laufe der Verfahren auch nicht widerlegen, wonach der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht (LAG) wieder zurück verwiesen wurde. Das LAG muss nun über die Höhe der dem Kläger zustehenden Entschädigung noch entscheiden.
Fazit:
Bei der Stellenausschreibung ist nicht nur auf Neutralität der Geschlechterdarstellung zu achten, sondern auch, ob schwerbehinderte Personen diese Position nicht auch ausfüllen können. Im Streitfall muss der Arbeitgeber (m/w) beweisen, wie er seiner Prüfpflicht bei der Neueinstellung nachgekommen ist. Dies gilt für den öffentlichen wie auch den privaten Bereich.
Quelle:
www.bundesarbeitsgericht.de, Pressemitteilung Nr. 77/11 vom 13.10.2011
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2011, Az. 8 AZR 608/10
Robert Uhl, Rechtsanwalt