Kündigung eines Kirchenmusikers rechtswidrig
Das Arbeitsgericht (ArbG) Braunschweig durfte am 15.09.2022 nach erfolgter Verhandlung ein Urteil zu folgender Fragestellung fällen?
Darf ein Mitarbeiter von der evangelisch-lutherischen Landeskirche gekündigt werden, wenn dieser sich Pläne offengehalten hatte, für sich und seinen Ehemann Kinder im Wege der Leihmutterschaft in Kolumbien austragen zu lassen?
Denn die Arbeitgeberin nahm diesen Vorfall im Wesentlichen zum Anlass, den Kirchenmusiker außerordentlich fristlos vom 22.03.2022, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.10.2022 zu kündigen.
Dagegen ging der Musiker gegen die Arbeitgeberin mit der Kündigungsschutzklage vor.
Urteil des ArbG:
Die Klage hatte Erfolg. Sowohl die außerordentliche Kündigung als auch die hilfsweise erklärte außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist wurden für unwirksam erklärt. Der Kläger muss bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens bei der Beklagten weiter beschäftig werden.
Begründung:
Ein wichtiger Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben. Das dem Kläger vorgeworfene Verhalten ist kein direkter Verstoß gegen eine vertragliche Loyalitätspflicht gegenüber der Landeskirche. Indem der Kläger mitteilte, sich die Möglichkeit einer Leihmutterschaft offenzuhalten, hat er nicht gegen eine konkrete, aus dem Selbstverständnis der Kirche folgende Loyalitätsanforderung verstoßen.
Quelle:
ArbG Braunschweig mit Urteil vom 15.09.2022, noch nicht rechtskräftig; https://arbeitsgericht-braunschweig.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/kundigungsschutzklage-eines-kirchenmusikers-der-evangelisch-lutherischen-landeskirche-in-braunschweig-urteil-215359.html
Fazit:
Bisher wurde nur die Pressemitteilung veröffentlicht, welche nicht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erwähnte, doch könnte dies auch eine Bedeutung für den Fall gehabt haben. Denn auch eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist verboten, siehe §§ 1, 9 AGG. Eine Schwangerschaft ist untrennbar mit dem Benachteiligungsverbot „Geschlecht“ verbunden, siehe Bauer u.a., AGG Kommentar, § 1 Rndr. 57.
Rechtsanwalt Robert Uhl
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