Überspringen zu Hauptinhalt
AGG Schulung: E-Learning zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz info@agg-mitarbeiterschulung.deLoginLetzte Aktualisierung der Schulung: März 2025

Gefahr der Stellungausschreibung mit Formulierung „Digital Native“

Die Stellenausschreibung muss neutral und ohne Diskriminierung erfolgen, wobei z.B. der Geschlechterdiskriminierung mit der Bezeichnung „m/w/d“ für männlich/weiblich/divers entgegengewirkt werden soll.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hatte nun einen anderen Fall zu bewerten, wobei folgender Inhalt in einer Stellenanzeige streitgegenständlich war:
Dort war mit der Überschrift „WIR LIEBEN“ u.a. zu lesen:

„Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause“.
„Du bist ein absoluter Teambuddy…“

Der Kläger bewarb sich auf diese Stelle mit einer Gehaltsvorstellung von rund 90.000,00 € brutto pro Jahr. Die Beklagte erteilte dem Kläger später eine Absage. Daraufhin machte der Kläger wegen einer Altersdiskriminierung einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 37.500,00 € geltend.

Da die Zahlung nicht erfolgte ging der Bewerber ins Klageverfahren, wobei eine Benachteiligung wegen des Alters vorgetragen wurde.

Der Begriff „Digital Natives“ sei die Definition für eine Generation, die von Kindesbeinen an die digitale Sprache von Computer, Videospielen und Internet verwende. In Jahreszahlen gemessen würden Angehörige der Geburtenjahrgänge ab 1980 den sog. „digitalen Ureinwohnern“ zugerechnet.

Damit habe die Beklagte direkt auf das Merkmal „Alter“ abgestellt. Mit ihrer Stellenausschreibung habe die Beklagte damit gegen § 11 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen, was die Vermutung begründe, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten verbotenen Merkmals erfolgt.

Vortrag des Unternehmens:
Die Beklagte ging von einer Überqualifikation des Klägers, einer zu hohen Vergütungserwartung und fehlende Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers aus.

Urteil I. Instanz:
Das Arbeitsgericht (ArbG) Heilbronn hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 7.500 € und Zinsen verurteilt.
Die Stellenanzeige „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Datengetriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause“ stellt ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 3 Abs. 1 AGG dar.

Die Beklagte ging in die Berufung, wobei die II. Instanz (LAG) urteilte:
Die Berufung der Beklagten ist überwiegend erfolglos. Die 7.500,00 € sind zu zahlen, nur die Verzugszinsen sind anzupassen.

Es ist eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen. Nach Auffassung des LAGs wird mit dem Begriff „Digital Native“ unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Eine unmittelbare Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters ist gegeben, welche auch nicht nach §§ 8, 10 AGG gerechtfertigt ist. Der Entschädigungsanspruch ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs gem. § 242 BGB ausgeschlossen.
Die Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle:
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2024, Aktenzeichen: 17 Sa 2/24; https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001604891

Fazit:
Hat z.B. das LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.01.2022, Az. 6 Sa 267/21 eine Altersdiskriminierung aufgrund der „Gesamtschau aller Umstände“ nicht erkannt, sieht das LAG Baden-Württemberg dies anders, wobei hier aber nun erstmals „Digital Native“ überprüft werden durfte. Die ArbeitgeberInnenseite sollte nun auf diese Formulierung verzichten.

Rechtsanwalt Robert Uhl
www.raau.de oder
www.rechtsanwalt-uhl.de

An den Anfang scrollen