Auch Teilzeitbeschäftigte bekommen Überstundenzuschläge
Maßgebend war eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzte. Hier hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, wenn teilzeitbeschäftigte ArbeitnehmerInnen wegen der Teilzeit schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte Personen behandelt werden, dann verstößt dies gegen das Verbot der Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Personen. Hier liegt eine Ungleichbehandlung vor, welche nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt war.
Zum Fall:
Der Beklagte ist ein ambulanter Dialyseanbieter und hat mehr als 5.000 ArbeitnehmerInnen. Die Klägerin ist dort als Pflegekraft in Teilzeit im Umfang von 40 % eines Vollzeitbeschäftigten tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet ein Manteltarifvertrag statt, wobei ein Zuschlag von 30 % für Überstunden bezahlt wird, die über die monatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers (m/w/d) geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können.
Das Arbeitszeitkonto der Klägerin wies Ende März 2018 ein Arbeitszeitguthaben von 129 Stunden und 24 Minuten aus. Der Beklagte hat der Klägerin weder Überstundenzuschläge gezahlt, noch im Arbeitszeitkonto eine Zeitgutschrift vorgenommen.
Nachdem sich das Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Gerichtshof der Europäischen Union (Urteil vom 29. Juli 2024, C-184/22 und C-185/22 [KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation eV]) damit beschäftigt hat, hat nun das BAG Recht gesprochen:
Der gegenständliche Tarifvertrag ist wegen Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten unwirksam, da er bei Teilzeitbeschäftigung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlags vorsieht.
Einen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung sah das höchste deutsche Arbeitsgericht auch nicht.
Durch die Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Überstundenzuschlagsregelung war ein Anspruch der Klägerin auf die eingeklagte Zeitgutschrift gegeben. Daneben muss auch eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) bezahlt werden. Durch die Anwendung der tarifvertraglichen Regelung hat die Klägerin auch eine mittelbare Benachteiligung wegen ihres Geschlechts erfahren. In der Gruppe der beim Beklagten in Teilzeit Beschäftigten, die dem persönlichen Anwendungsbereich des Tarifvertrags unterfallen, sind zu mehr als 90 % Frauen vertreten. Als Entschädigung wurde ein Betrag von 250,00 Euro festgesetzt.
Quelle:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. Dezember 2024 – 8 AZR 370/20, https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/diskriminierung-von-teilzeitbeschaeftigten-bei-ueberstundenzuschlaegen/
Fazit:
Auch bei teilzeitbeschäftigte Personen dürfen keine Diskriminierungen vorhanden sein, wobei hier das abgerechnete Stundenmodell angegriffen werden konnte. Neben der Vergütung musste auch eine Entschädigung bezahlt werden.
Robert Uhl
Rechtsanwalt
www.raau.de oder
www.rechtsanwalt-uhl.de