ArbeitgeberInnen-Verpflichtung zur Einladung zum Vorstellungsgespräch
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) muss der Frage nachgehen, ob bei Verhinderung des Bewerbers zum Vorstellungsgespräch ein Ersatztermin von der potentiellen Arbeitgeberseite anzubieten ist.
Gegenständlich war die Pflicht des öffentlichen Arbeitgebers zur Einladung schwerbehinderter Personen zu einem Vorstellungsgespräch, gem. § 165 Satz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) IX.
Wenn ein bewerbender schwerbehinderter Mensch seine Verhinderung zu dem vorgesehenen Vorstellungstermin mitteilt, stellt sich die Frage, ob dem Arbeitgeber auferlegt ist, einen Ersatztermin anzubieten.
Hintergrund:
Per E-Mail vom 16.09.2019 bewarb sich die Klägerseite unter Angabe der Schwerbehinderung auf eine Stellenausschreibung der beklagten Stadt, mit der diese für ihre Ausländerbehörde “Fallmanager*innen im Aufenthaltsrecht” suchte und dabei mitteilte, dass “schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber” gleicher Eignung und Qualifikation bevorzugt behandelt würden.
Am 6.11.2019 teilte die klagende schwerbehinderte Partei per E-Mail auf den Termin eines Vorstellungsgesprächs mit, dass sie am Montag, den 18.11.2019, “schon einen anderen Termin in Brandenburg” habe, weshalb sie um einen Ersatztermin bitte. Dieser wurde nicht angeboten.
Mit E-Mail vom 07.012020 erkundigte sich die gefühlt diskriminierte Seite bei der Beklagten nach dem Sachstand und reichte noch am selben Tag unter Bezugnahme auf ihre Nichteinstellung eine Klage auf Zahlung einer Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von mindestens 5.000,00 € ein.
Nachdem die klagende Partei in der ersten und zweiten Instanz keinen Erfolg hatte, wurde das BAG angerufen, dass unter anderem klären musste, ob die beklagte Stadt einen Ersatztermin hätte anbieten müssen.
Urteil BAG:
Trotz entsprechender Bitte der klagenden Partei für einen Ersatztermin war die Beklagtenseite nicht verpflichtet gewesen einen Ersatztermin anzubieten.
Aus dem Hinweis der klagenden Seite “anderen Termin in Brandenburg” zu haben, wurde nichts zur Bedeutung und Verschiebbarkeit dieses Termins angegeben. Die Interessen der Beklagten am Festhalten an dem vorgesehenen Termin für das Vorstellungsgespräch überwogen den Interessen der klagenden Partei an der Ermöglichung eines Ersatztermins.
Ob die Arbeitgeberseite einen Ersatztermin anbieten muss, hängt vom Gewicht des Verhinderungsgrundes und der Organisation des Auswahlverfahrens ab. So ist beispielhaft bei einer kurzfristigen Erkrankung der Klägerseite eine Verschiebung der Vorstellung bei organisatorischer Machbarkeit regelmäßig zumutbar. Gleiches gilt, falls der Bewerber (m/w/d) seine Verhinderung mit Ortsabwesenheit oder einer zeitlichen Kollision mit einem anderen Termin begründet und belegt. Das BAG nannte hier als Beispiele die gebuchte Urlaubsreise oder den Arztbesuch.
Dies konnte die klagende Partei nicht vortragen und belegen, wonach die Interessen der beklagten Stadt überwogen.
Quelle:
BAG, Urteil vom 23.11.2023 – 8 AZR 164/22, https://openjur.de/u/2480822.html
Fazit:
Die Behindertenrechte sind vielfältig und sind auch bei Einladungen zu Bewerbungen zu beachten. Doch auch die Behörden müssen hier Termine planen, wonach Abwägungen bei der Überlegung von Ersatzterminen eine große Rolle spielen. Ist die klägerische Seite zum Zeitpunkt der Einladung krank und kann dies auch beweisen, spricht wohl einiges dafür, dass ein Ersatztermin angeboten werden muss. Teilt aber die Klagepartei nur mit, dass eine Terminskollision gegeben ist, reicht dieser Vortrag alleine nicht aus, um einen Ersatztermin bekommen zu müssen. Damit ist keine Diskriminierung verbunden.
Robert Uhl, Rechtsanwalt
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